Vorwort
Liebe Leserin und lieber Leser, 
seit 1992 erscheinen die Informationes Theologiae Europae. Es ist Zeit für einen Rück- und Ausblick. Am 1. November 1993 traten die Maastrichter Verträge in Kraft. Aus der Wirtschaftsgemeinschaft europäischer Länder entstand die Europäische Union. Seitdem wuchsen die Mitgliedsländer zusammen, neue kamen hinzu. Weltweit setzte sich die Globalisierung fort. In die westlichen Länder Europas kehrten vermehrt Religionen und Religiöses zurück. Die Politisierung des Islams nahm zu. Zugleich begann Europa sich auf seine christlichen Wurzeln zu besinnen, wie der Verfassungsentwurf der EU bezeugt. Die Bedeutung der Theologie hingegen nahm ab. Wie alle Wissenschaften, die keine angewandte Forschung im naturwissenschaftlich-medizinischen Bereich betreiben, verlor sie an öffentlicher Relevanz. Das Dogma der Priorität von Wirtschaft und Geld hat Konjunktur. Angewandte Forschung lässt sich vermarkten. Das Europa der Wirtschaftsgemeinschaft ist ideell noch nicht in der Union angekommen. 
In all den Jahren hielt das Jahrbuch Kurs und gab Impulse. Das war und ist nicht leicht. Deutschland ist entschlossen, einige Universitäten durch eine bessere Finanzierung zu „exzellenten“ auszubauen und andere, auch berühmte, herabzustufen. Die renommierte europäische Nobelstiftung begreift die Richtlinien ihrer Preisvergabe als Auftrag zum Sponsoring finanziellen Gewinn verheißender Forschungsergebnisse in den USA. Die Vergabe der Preise für Literatur und Frieden wird zum Alibi. 
In dieser Situation stellt auch dieser Band Informationen bereit, die auf Europas christlich-abendländischer Tradition und ihrer theologisch kritisch reflektierten Kultur basieren. Die Beiträge erscheinen vielleicht im Einzelnen disparat, aber sie alle schreiben Europa fort und entwickeln es weiter. Es ist das Europa eines Perikles, der als Staatsmann das kleine Athen zu einem Höhepunkt der griechischen Kultur führte; eines Luther, der als Bettelmönch und Professor einer kleinen, neu gegründeten Universität Deutschland und Europa reformierte; eines Einstein, der als Angestellter einer unspektakulären kleinen Behörde die Naturwissenschaften revolutionierte. Kapital und Prosperität folgten später fast von allein. 
Dieses menschliche, darum kreative, gerechte, soziale Europa, in der Europäischen Union aktualisiert, lässt alle gewinnen: die Menschen, die Forschung, die Kultur – und Wirtschaft und Finanzen, die auf den ihnen zukommenden nachgeordneten Platz verwiesen werden. Hoffnungsvolle Zeichen kommen aus Politik und Kirche. In einem ökumenischen Gottesdienst am deutschen Nationalfeiertag 2006 predigte die Bischöfin vom Teilen. In ihrer Festrede sprach die Bundeskanzlerin vom Teilhaben. 
Gedankt sei wiederum allen Autorinnen und Autoren, Frau Dr. Dagmar Ludwig für Lektorat und Redaktion und schließlich dem Verlag. 
Ihr 
Ulrich Nembach 
für die Herausgeber und Konsultatoren 
Inhalt
VORWORT
1. Theologie in der Zeit
REINHOLD BERNHARDT
Theologie an der Universität unter Rechtfertigungsdruck. 
Eine Basler Perspektive
FRANTIŠEK ÁBEL
The Interpretation of the Term “battalogein” in the Context of the Gospel According to Matthew
KLEMENS RICHTER
Christlicher Umgang mit dem Tod im gesellschaftlichen Wandel 
2. Ethische Reflexionen 
VASIL GLUCHMAN
The Problem of Evil in Augustin Doležal’s Pametná celému svetu Tragoedia and Leibniz’s Theodicy
IGOR KIŠŠ
Die Ethik der Gentechnologie aus der Sicht eines Theologen 
CHRISTOPH REHMANN-SUTTER
Alles klar, was Gene sind – oder doch nicht? 
Zu den metaphysischen und ethischen Implikationen von Genomtheorien
3. Der Wert der Werte
MARTIN BOROWSKI 
Die Glaubens- und Gewissensfreiheit in der Entwicklung der Grund- und Menschenrechte 
KARL-HEINZ POHL 
Chinesische und westliche Werte. 
Gedanken zu einem interkulturellen Dialog über universale Ethik 
KYUNG SOOK LEE 
Feministische Ethik für eine globalisierte Welt 
– am Beispiel Südkoreas 
ANNA MARIA PIRCHER-FRIEDRICH 
Der Mensch als Voraussetzung für nachhaltige Wertsteigerung 
– am Beispiel des Menschenbildes von Viktor E. Frankl 
BERND SÜSSMUTH - ROBERT K. VON WEIZSÄCKER 
Vom Wert des Geldes 
4. Die Welt in Veränderung
OLAF BRIESE 
Medienwandel – Katastrophenwandel – Religionswandel. 
Kulturvergleichender Längsschnitt: 1755, 1908, 2004 
ALBERT SCHERR 
Schulen und kulturelle Unterschiede in der Einwanderungsgesellschaft 
BRITTA BANNENBERG - DIETER RÖSSNER - MARC COESTER 
Hasskriminalität, extremistische Kriminalität, politisch motivierte Kriminalität und ihre Prävention 
THILO WEICHERT 
Die Begrenzung der Individualität der Bürger um ihrer Freiheit willen. 
Ein Beitrag zur Schadensabwägung 
5. Die Kirchen in der Welt
JOSEF HOMEYER 
Zur politischen Diakonie der Kirchen angesichts der Europäisierung der Europäischen Union 
TADEUSZ DOKTÓR 
Religion and Politics in Post-Communist Poland. 
The Phenomenon of Radio Maryja 
WANDA FALK 
EU-Normen und Dienstleistungs-Standardisierung als Qualitätssicherung? 
Altenpflege in Polen – ein Praxisbericht 
GERD STRICKER 
Lutherische Kirchen in Russland 
GOTTFRIED BRAKEMEIER 
Zukunftsperspektiven der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB). 
Kritische Anmerkungen 
ANSCHRIFTEN der Autoren, Herausgeber und Konsultatoren